classe mista (mariano laurenti, italien 1976)

Veröffentlicht: November 29, 2013 in Film
Schlagwörter:, , , , , ,

Der schüchterne Tonino (Alfredo Pea) ist unsterblich in seine neue Literaturlehrerin Carla Moretti (Dagmar Lassander) verliebt. Aber weil sie zwischen den ganzen idiotischen Lehrergestalten wie eine Göttin anmutet, zieht sie nicht nur seine Aufmerksamkeit auf sich. Auch der schmierige, selbstverliebte Direktor Prof. Finocchiaro (Michele Gammino) und Alfredos übergriffiger Freund Salvatore (Gabriele Di Giulio) rechnen sich Chancen aus. Wie Tonino sich in tiefsten Liebeskummer vergräbt, kann ihm auch die hübsche Tante Tecla (Femi Benussi) keinen dauerhaften Trost spenden, weshalb sie mit Toninos Vater Felice (Mario Carotenuto), einem Verleger erotischer  Fotoromane, einen Plan schmiedet: Sie lassen Carla und Tonino entführen und zusammen in einer abgelegenen Gartenlaube einsperren. Dort kommen sich die zwei tatsächlich näher …

Auf seinem dem italienischen Film gewidmeten Blog L’Amore in Città hat sich der Kenner Udo Rotenberg kürzlich – sehr zu meinem Glück – mit zwei Beiträgen zum Genre der Commedia sexy all’italiana geäußert. Vor allem sein Text zu L’INSEGNANTE war sehr hilfreich für meinen anhaltenden Exkurs in die Welt zotiger mediterraner Schlüpfrigkeiten. Der genannte Film bildet nämlich so etwas wie die Blaupause für CLASSE MISTA: Auch dort verliebt sich ein Schüler – passenderweise ebenfalls gespielt von Alfredo Pea – in seine Lehrerin (Edwige Fenech) und geht am Ende sogar eine Beziehung mit ihr ein. (Der andere Text von Udo beschäftigt sich mit LA DOTTORESSA DEL DISTRETTO MILITARE, der das Erfolgsrezept von L’INSEGNANTE aufwärmt und ins Militärumfeld verlagert.) Wie Udo zu erklären weiß, hat die erotische Fantasie, sich von älteren Frauen in die Kunst der Liebe einweisen zu lassen, einen durchaus realen Hintergrund in den sozialen Gegebenheiten des Italien der Siebzigerjahre: Da Mädchen als Jungfrauen in die Ehe gehen sollten, blieb den Jungen meist nichts anderes übrig, als ihre ersten Erfahrungen bei älteren Frauen oder in Bordellen zu machen. Dass ausgerechnet Papa Felice dabei hilft, seinen Sohn mit der Lehrerin zusammenzubringen, mutet vor diesem Hintergrund gleich deutlich weniger unverantwortlich und bizarr an, auch wenn die Mittel, die er dafür wählt, nicht gerade konform gehen mit modernen Überzeugungen von Recht, Moral und Anstand. Die schöne Carla nimmt es zum Glück relativ gelassen, dass sie verschleppt und eingesperrt wurde, nur damit sich ein blasses Jüngelchen die Hörner an ihr abstoßen kann. Der Begriff „Lehrkörper“ bekommt da eine ganz neue Dimension. Am Ende kann sie Tonino aber davon überzeugen, dass eine dauerhafte Beziehung zwischen den beiden nicht das richtige wäre, er sich lieber eine gleichaltrige Freundin suchen solle. Die Trauer über die Abreise der nach Rom abberufenen Carla währt dann auch nicht allzu lang, denn die nächste heißblütige Lehrerinnenschönheit steht schon als Ersatz bereit.

CLASSE MISTA erschien 1976, ein Jahr nach L’INSEGNANTE, wie dieser produziert von Luciano Martino, seines Zeichens Bruder von Regisseur Sergio Martino und damaliger Lebensgefährte von Edwige Fenech, und mit nahezu identisch besetzten Hauptrollen. Alfredo Pea gibt erneut den blässlichen, schüchternen Jungen, der sich in die ältere Frau verliebt, Spaßvogel und Backpfeifengesicht Alvaro Vitali seinen munteren Freund Angelino, Gianfranco D’Angelo ist in einer seiner zahlreichen Deppenrollen zu sehen, diesmal als Hausmeister Ciccio, der sich seinerseits um die Eroberung der dickleibigen Lehrerin Prof.  Gina Zucca (Fiammetta Baralla) bemüht, und Mario Carotenuto brilliert als spießiger, scheinheiliger Patriarch mit Herz. Seine Dialoge sind auch dank der großartigen Synchronisation von Arnold Marquis einer der Höhepunkte eines Films, der mit dem Begriff „Formelkino“ zwar treffend beschrieben ist, aber Freunden jener speziellen italienischen Albernheiten dennoch hinreichend Amüsement bietet. In Deutschland erschien CLASSE MISTA 1979 mit einigen Jahren Verspätung und wurde mit dem deutschen Titel DIE FRECHEN TEENS DREH’N EIN NEUES DING in die erfolgreiche FLOTTE TEENS-Reihe eingemeindet. Es gab schon schlimmere Verbrechen: Mariano Laurenti zeichnete 1978, also ein Jahr zuvor, für FLOTTE TEENS – JETZT OHNE JEANS, den zweiten Teil der Reihe, verantwortlich (in dem ebenfalls Alvaro Vitali und Gianfranco D’Angelo in typischen Rollen zu sehen waren), und soweit ich das beurteilen kann, wurde zumindest für die Außenaufnahmen dasselbe (in Bari gelegene) Schulgebäude verwendet. Letzten Endes unterscheiden sich diese Filme eh nur marginal, warten immer wieder mit derselben Kombination aus etwas verhaltener Romantik, einer Prise Sex – sowohl Femi Benussi als auch Dagmar Lassander ziehen blank –, etwas gegen das bürgerliche Establishment gerichteter Satire und derbem Humor auf. Mir machen diese Filme derzeit erstaunlich viel Laune: Gleichermaßen unschuldige wie überdrehte Albernheiten wie hier findet man im zeitgenössischen Kino kaum noch. In Verbindung mit den frivolen Einlagen erinnern sie frappierend an Herrenwitz-Heftchen oder amerikanische Cartoon-Magazine wie „Sex to Sexty“ (das verlinkte Buch sei hiermit empfohlen), deren unverhohlene Schlüpfrigkeit heute, in einer Zeit, die sich ihrer angeblichen Abgeklärtheit und Tabufreiheit rühmt, vollkommen fremdartig anmutet. Um eine Dialogzeile des Films zu zitieren: „Da treibt es einem den Fußschweiß ins Gesicht.“

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..